Vertrauen ist ein überlebenswichtiges Gefühl, das uns bei der Bewältigung des komplexen Alltags unterstützt. Doch dieses Gefühl macht uns auch verletzlich, denn wir delegieren damit unseren Einfluss an andere. Vertrauen ist also auch ein riskantes Gefühl. Aber wir sind gezwungen, es zu pflegen und zu nutzen, denn ohne Vertrauen, sind wir im Dschungel der unüberschaubaren Gefahren, die in der modernen Welt lauern, verloren.
Die Welt war und ist voller Gefahren. Früher war es der Säbelzahntiger, der giftige Biss eines Skorpions, die Verletzung bei der Jagd oder die Verletzung, die mir der Widersacher beim Kampf um die Rangposition zugefügt hat. Heute ist die Welt nicht weniger gefährlich. Es sind nicht mehr die offensichtlichen lebensbedrohlichen Gefahren, die allgegenwärtig sind, sondern Risiken der modernen und extrem schnelllebigen Welt. Vor allem Unsicherheit, Zukunftsängste, Hilflosigkeit und ein unbewältigbarer Informationsüberfluss bereiten einen brisanten Nährboden. In dieser Zeit anderen Menschen oder gar seelenlosen Unternehmen Vertrauen zu schenken, ist schon eine Herausforderung. Heute gilt: Wer anderen sein Vertrauen schenkt, der wird womöglich verraten, belogen oder betrogen.
Ständig wirbt irgendeine Institution, eine Partei oder eine Firma um unser Vertrauen. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass wir geradezu angefleht werden, irgendjemandem oder irgendeinem Produkt unser Vertrauen zu schenken. Auch im Privaten ist Vertrauen allgegenwärtig. Im Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Beziehungen bemühen wir uns, Vertrauen zu „gewinnen“, es nicht zu „verlieren“ oder zu „brechen“. Offenbar ist Vertrauen etwas ungemein Wertvolles, Schätzenswertes und Besonderes. Aber was ist eigentlich Vertrauen?
Vertrauen – ein riskantes Gefühl
Vertrauen ist ein Gefühl, das (fast) alle Menschen entwickeln können und das zur Harmonie innerhalb von Gesellschaften beiträgt. Ist gegenseitiges Vertrauen vorhanden, sind Frieden und Harmonie gesichert. Fehlt das Vertrauen, zerfällt jede Familie und Freundschaft, jedes Unternehmen und jeder Staat. Vertrauen ist gewissermassen der Kitt, der unsere Gesellschaften, Familien, Konzerne, Teams, Vereine, Freundschaften und Paare zusammenbindet. Es ist auch der Kitt, der die Verbindung zwischen den Produkten und Personen herstellt und aufrechterhält.
Vertrauen in andere Personen und ihr Handeln ist vorzugsweise dann wichtig, wenn Informationen über ihre Absichten oder Möglichkeiten nicht vorhanden oder einfach spärlich sind. Das Gleiche gilt für das Vertrauen in Produkte. Sind die Fakten nicht vorhanden oder schwer verständlich, hilft Vertrauen in das Produkt, um es trotzdem zu verwenden.
Egal wem oder was wir unser Vertrauen schenken, diese „Schenkung“ hat weitreichende Konsequenzen. In dem Moment, wo eine Person zu einem Vertrauenden wird, verliert sie den Einfluss. Sie hofft, dass sich alles in ihrem Sinne entfaltet. Aber Vorsicht! Genau dies ist das Einfallstor für Betrug und Täuschung. Vertrauen ist also riskant! Dieses Risiko zur Reduktion von Angst und Sorge ist trotzdem eine überlebenswichtige Strategie. Sie ist eine zarte Pflanze, die gehegt und gepflegt werden muss. Wird sie zerstört oder auch nur verletzt, muss einiges aufgewendet werden, um sie wieder zum Blühen zu bringen.
Wir benötigen Vertrauen, um uns in der komplexen Welt zurechtzufinden. Nicht alle Einzelheiten der komplexen Welt sind nachvollziehbar. Dazu benötigen wir Partner, die uns helfen, die Informationen zu strukturieren, in einen grösseren Zusammenhang einsortieren und Entscheidungen für uns treffen. Die Hirnforschung hat gezeigt, dass die Verminderung der Angst und Sorge die wesentliche Verstärker von Vertrauen sind. Vertrauen ohne Angst ist demzufolge nicht möglich. Deshalb können auch Soziopathen kein Vertrauen aufbauen, da sie ja über keine Angst verfügen.
Das Risiko bei der Vertrauensschenkung ist allerdings gering, solange man gute Erfahrungen mit dem zu Vertrauenden gemacht hat. Die Vergangenheit ist hier der beste Prädiktor für zukünftiges Verhalten. Bindung und Vertrauen sind für den Menschen wichtige lebensbestimmende Verhaltenselemente. Wir müssen Bindung und Vertrauen mühselig durch Erfahrung mit den entsprechenden Sozialpartnern aufbauen. Dies funktioniert infolge von gegenseitigem Geben und Nehmen. Häufiges Geben und Nehmen, ohne dass der Sozialpartner betrogen wird, ist geeignet, um enge vertrauensvolle Bindungen entstehen zu lassen. Wird dieses Hin und Her von Geben und Nehmen auch nur kurzfristig gestört, zum Beispiel, indem einer der Partner nur „nimmt“ und nicht „gibt“, zerfällt dieses fragile Gebilde rasant wieder. Diese Spielchen spielen wir ein Leben lang und sortieren unsere Mitmenschen (und das, was sie repräsentieren) je nach Ergebnis und Häufigkeit dieses Austausches in die vertrauenswürdige und nicht vertrauenswürdige Schublade.
Häufiges Geben und Nehmen ohne Betrug des Sozialpartners lässt enge und vertrauensvolle Bindungen entstehen!
Genau hier ist der Ansatzpunkt für moderne Unternehmen zu suchen, die Vertrauen in ihr Geschäft benötigen. Sie müssen zwei Dinge leisten: 1. eine enge Beziehung oder sogar Bindung zu den Geschäftspartnern aufbauen und 2. die Erwartungen erfüllen, die sie ausgelöst haben. Trotz allem: Vertrauen ist und bleibt ein risikoreiches Geschäft, sowohl für den Vertrauenden, aber auch für den Vertrauten.
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